Besuch
bei der russischen 27. Infanterie Brigade
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Am 22. Mai empfing uns der
Kommandant der russischen 27. Infanterie Brigade, Oberst Buwalzew, am
Ausbildungs- und Bereitstellungs-Standort seines Verbandes in Mosrentgen, das nahe der grossen Stadtumfahrungsautobahn im Südwesten
von Moskau liegt. Zusammen mit Offizieren seines Stabes (Bild)
erläuterte er erst Lage und Auftrag seiner Truppe, bevor er uns auf
einen ausgedehnten Rundgang durch die weitläufigen Anlagen seines
"Waffenplatzes" führte.
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Das
Gelände (Bild) ist deutlich sichtbar in getrennte Bereiche für
Wohnen, Schulung und Technik unterteilt. 2'500 Mann sollen zurzeit zum
Bestand der Brigade zählen. Während unseres rund vierstündigen
Besuchs bekamen wir aber insgesamt höchstens 100 davon zu sehen,
offenbar mehrheitlich Rekruten zu Beginn ihrer technischen Ausbildung.
Die ständige Einsatzbereitschaft sei aber gewährleistet, wurde uns
versichert. Dennoch machten die recht modernen Gebäude eher einen
verlassenen Eindruck und die von uns besichtigten ...
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... türlosen
Mannschaftsschlafsäle (Bild) waren so gut aufgeräumt, als ob sie
nie benutzt würden. Auch bei den Ablagen für Kleider und in den Waschräume
war keine Individualität erkennbar. Selbst der Raum, der dem
unteren Kader zur Vorbereitung der Ausbildung dient, hinterliess einen
unwahrscheinlich perfekten Eindruck. Da lagen tatsächlich Reglemente
und andere Arbeitsdokumente ohne Eselsohren, ohne handschriftliche
Ergänzungen und ohne jede Spuren von Markierstiften auf den Pulten.
Und auch die bei uns stets vollen Körbe für das "dringend"
zu Erledigende fehlten hier vollständig.
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Dass hingegen die
grosszügigen Hallen für Sport und Fitness alle gerade
ungenutzt waren, kann ja auch am Arbeitsprogramm dieses Tages gelegen haben.
Immerhin wäre natürlich gerade in diesem Bereich eine
Ausbildungs-Demonstration sehr erwünscht gewesen. So bewunderten wir
neben der Mehrzweck-Sporthalle (Bild) auch die besondere Halle für
das Boden- und Geräteturnen, bevor wir nach dem ebenso menschenleeren
Kampfsportraum
schliesslich auch noch das truppeneigene ...
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... Hallenbad (Bild)
bestaunen durften. Es soll den Dienstleistenden auch ausserhalb der
Dienstzeit zur Verfügung stehen. Dann ging's nahtlos - das
heisst also ohne unmilitärische, aber doch meist ersehnte Kaffeepause
- zur Material-Besichtigung über. Beginnend mit den etwa sechs
Grunduniformen, stiessen wir über zusätzliche
Ausrüstungsgegenstände, Gepäckstücke, Einzel- und
Kollektivwaffen, Werkzeuge, Sanitätsmaterial schliesslich bis zum
Schutzmaterial gegen die Auswirkungen eines allfälligen atomaren,
biologischen oder chemischen Krieges vor.
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Ganz allgemein konnten wir
feststellen, dass das gezeigte Ausrüstungsmaterial durchaus dem
internationalen Standard entspricht. Dies gilt offensichtlich auch
für Küchenmaterial und Verpflegung (Bild), das wir noch zum
Abschluss dieses Besichtigungsteils zu sehen bekamen. Dass sich die
Mahlzeiten bei der russischen Armee einzig aus Brot, Kartoffeln und
Kohl zusammensetzen sollen, wird zwar oft kolportiert, dürfte aber
wohl eher dem Fabelreich zugeordnet werden. Ebenso unrichtig ist die
Behauptung, man würde hier nicht mit Simulatoren arbeiten, wie uns
schon gleich zu Beginn des nächsten Programmpunktes, ...
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... der Besichtigung der
technischen Ausbildung, gezeigt wurde. Zwar erfolgt die taktische
Schulung immer noch am konventionellen Sandkasten, dahinter stehen
aber Simulationsanlagen für die Führung, Fahrzeugbedienung und den
Unterricht für das Panzerschiessen. Eindrücklich war insbesondere
die Besichtigung des riesigen Geländemodells (Bild). Aber was wäre
schon ein solcher Truppenbesuch ohne Besichtigung des
Ausbildungsbetriebes im Freien an den richtigen Rad- und
Raupenfahrzeugen, den wir abschliessend zu sehen bekamen.
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Jeder in der Truppe
vorhandenen Typ wurde durch je eine Gruppe formell bedient.
Überall lag für jede "Charge" innerhalb der Gruppe eine in
der Hand zu haltende Anleitung vor; zur Orientierung allfälliger
Inspizienten - oder hier für uns Besucher - stand bei jeder
Gruppe eine Zusammenfassung der Arbeitsabläufe in Plakatgrösse (hier
im Bild also für einen Chef und die vier Mann seiner Gruppe). Da aber
keiner unserer Dolmetscher die offenbar vielen russischen Fachwörter auf den
Plakaten in deutsch, französisch oder englisch zu übersetzen
vermochte, blieb vieles unverständlich.
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Immerhin hätte ich für die
Unteroffiziere noch einen Tipp; uns wurde seinerzeit verboten, vor der
Truppe selbst eine Anleitung in der Hand zu halten. Man wirkt
glaubwürdiger, wenn man seine eigene Aufgabe auswendig kennt. Aber
vielleicht wollten sie es auch für uns nur besonders perfekt
vorführen; sie zeigten auf jeden Fall viel Verständnis, wenn wir
ihnen bei ihrer Arbeit (Bild) im Wege waren, weil wir ihre Kommandos
nicht verstanden. Sicher waren sie erleichtert, als es ihrem
Kommandanten dann gelang, uns von der Truppe weg zu lotsen und uns zum Mittagessen zu
führen.
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Dieses fand in einem schön
dekorierten Saal statt (Bild). Nach russischer Sitte wurde es so zirka
alle fünf Minuten durch einen Trinkspruch unterbrochen, der jeweils
im Wechsel durch einen Vertreter der Infanterie Brigade und der
Schweizer Besucher zu halten war, und es wäre unhöflich gewesen,
dabei am Wodkaglas nur zu nippen. Aber auch die aufgeräumte Stimmung
hielt uns in der Folge nicht von weiteren Fragen ab. Solche nach
früheren Zeiten, also beispielsweise nach dem Einsatz der Brigade
während dem zweiten Weltkrieg - hier Grosser Vaterländischer Krieg
genannt - , ...
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... wurden auch ohne
Umstände und ausführlich beantwortet. Bei Fragen zur Gegenwart oder
gar zur Zukunft war aber immer eine gewisse Zurückhaltung zu
verspüren. Beide Länder machen zwar bei der NATO-Partnerschaft für
den Frieden mit, doch militärische Kontakte fanden bisher nur im
kleinen Rahmen statt. Wir waren die erste grössere Delegation aus der
Schweiz (Bild), während vor knapp zwei Jahren erstmals eine Gruppe
russischer Kadetten anlässlich der Suworow-Feierlichkeiten bei
uns weilte.
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Aber ein Gesamteindruck ist
wohl allen Teilnehmern geblieben: Der Herr, der seinerzeit von der
sicheren Schweiz aus die Weltrevolution vorbereitete, mag zwar auf
seinem Sockel immer noch den Eingang zum Areal der 27. Brigade
dominieren (Bild), fasziniert von seinen Ideen scheinen aber die hier
lebenden und arbeitenden Menschen kaum mehr zu sein.
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